Am 26.11.2024 hat das Bundesverfassungsgericht sein Urteil zu Zwangsbehandlungen bekanntgegeben. Seither erreichten uns mehrere Mails. Zum Teil wurden wir um weitere Informationen zu diesem Thema gebeten. Zum anderen wurden wir gebeten, Stellungnahmen und Pressemitteilungen zu teilen.

Da auch uns das Thema seit längerem umtreibt, kommen wir dieser Bitte gerne nach und stellen euch die verschiedensten Links hier zur Verfügung, damit ihr euch euer eigenes Urteil bilden könnt. (Natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit).

Am Ende dieses Beitrags findet ihr noch unsere Gedanken dazu. 

Hier seht ihr noch einmal einige Berichte vom 26.11. zum Urteil des Bundesverfassungsgerichtes:

Tagesschau vom 26.11.2024

Artikel in der taz vom 26.11.2024

Bundesverfassungsgericht entscheidet über ärztliche Zwangsbehandlung – Deutschlandfunk am 26.11.2024  

Das Urteil selbst und eine Pressemitteilung findet ihr hier: Urteil BVerfG vom 26.11.2024

Manchmal braucht es den einen oder anderen Gesetzestext, um es wirklich gut zu verstehen:

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 1832 Ärztliche Zwangsmaßnahmen  Zwangsunterbringung

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 1827 Patientenverfügung; Behandlungswünsche oder mutmaßlicher Wille des Betreuten Patientenverfügung

Verschiedene Stellungnahmen:

Eine Radiosendung von Vielfalter fasst viele Gedanken und Fragen dazu zusammen, die auch wir uns stellen. Wir finden, dass es sich lohnt, diese einstündige Sendung zu hören.

FRN: ‚VielFalter‘ – Magazin für Polyphonie und Selbstbestimmung – Dezember 2024

Der Bundesverband der Psychiatrieerfahrenen (Bpe) hat eine Pressemitteilung dazu verfasst.

Pressemitteilung BPE vom 26.11.2024 

Auch von Dr. David Schneider-Addae-Mensah (Rechtsanwalt) gibt es einen extrem kritischen Kommentar dazu, den wir euch nicht vorenthalten wollen.

Das Bundesverfassungs-gericht ist übergeschnappt II – Zwangspsychiatrie

Und wir finden auf jeden Fall, dass es jetzt die Zeit ist, sich über eine der folgenden psychiatrischen Patientenverfügungen Gedanken zu machen:

Praxisempfehlung der DGPPN Patientenverfügungen und psychische Erkrankung: Seit der Schaffung rechtlicher Vorgaben für Patientenverfügungen durch den Gesetzgeber im Jahr 2009 wird über spezielle Aspekte der Anwendung bei der Behandlung von Menschen mit psychischen Erkrankungen diskutiert. Es geht dabei unter anderem um die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Patient eine Unterbringung und Behandlung vorausschauend ablehnen bzw. ihr zustimmen kann. Eine wichtige Frage im praktischen Alltag betrifft den Umgang mit Patientenverfügungen, deren Umsetzung auch die Rechte Dritter berühren würde. Die DGPPN hat diese und weitere Fragen in der vorliegenden Handreichung bearbeitet und durch praktische Hinweise zur Erstellung von und zum Umgang mit Patientenverfügungen von Menschen mit psychischen Erkrankungen ergänzt. 

Vorbemerkung: Patientenverfügung für den Bereich der psychischen Gesundheit und Patientenverfügung Formular: Patientenverfügung für den Bereich der psychischen Gesundheit 

Neben der Vorlage der  DGPPN gibt es weitere Vorlagen für Patientenverfügungen im psychiatrischen Bereich, von den Betroffenen selbst. Hier zwei Exemplare vom Bundesverband PsychiatrieErfahrener (Bpe). Zur PsyWill werden auch immer wieder Schulungen angeboten, es lohnt sich auf jeden Fall, sich auch hierzu ausführlich zu informieren. 

PsyWill Die Psychiatrische Willenserklärung (PsyWill) bietet Ihnen eine kostenlose und rechtssichere Möglichkeit, Behandlungsmethoden und Bevollmächtigte selbst zu wählen. So können Fremdbestimmung, Fehlbehandlungen und Gewalt in der Psychiatrie verhindert werden.

PatVerfü   “Die schlaue Pa­ti­en­ten­ver­fü­gung” schützt auch vor psychiatrischem Zwang und Entmündigung. Schirmfrau der Initiative ist die Künstlerin Nina Ha­gen.

Unsere Gedanken dazu:

Wir sind enttäuscht über das Urteil des Bundesverfassungsgericht, wir hätten uns gewünscht, dass Zwangsbehandlungen weiterhin (wenn überhaupt) nur in Kliniken stattfinden können. Natürlich wünschen wir uns, dass Zwangsbehandlungen am liebsten überhaupt nicht mehr vorkommen. 

Wir sehen durchaus, dass es Situationen geben kann, in denen es für Menschen eine zusätzliche Belastung sein kann, zu einer Behandlung, die gegen ihren Willen stattfindet, auch noch gewaltsam in eine andere Umgebung gebracht zu werden. Wir sind jedoch nicht der Meinung, dass es für diese absoluten Ausnahmen eine Änderung bestehender Gesetze geben sollte, die für alle eine Verschlechterung darstellt. Die meisten von uns lehnen eine Zwangsbehandlung eher ab und fürchten, dass eine Aufweichung der bestehenden Gesetze zu mehr, statt wie angestrebt, zu weniger Zwangsbehandlung führt. Allerdings sind wir nicht der Meinung, dass die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Überarbeitung des Gesetzes zwangsläufig dazu führen muss, dass Zwangsbehandlungen ambulant durchgeführt werden dürfen. Es wurden explizit krankenhausähnliche Strukturen gefordert, die unseres Erachtens weder in Altenheimen noch in Pflegeheimen gegeben sein dürften. Natürlich befürchten auch wir, dass diese Forderung, je nach regierender Mehrheit, von der Politik etwas anderes ausgelegt wird, als wünschenswert. Daher ist es auch nicht egal, aus welchen Parteien unsere nächste Regierung bestehen wird. Bitte bedenkt dies beim Gang an die Wahlurne.

Grundsätzlich stellt sich auch für uns die Frage, ob und inwieweit Alternativen überhaupt noch in Betracht gezogen werden, wenn die Möglichkeiten der Zwangsbehandlungen immer mehr ausgeweitet werden. Auch im konkreten Fall, der zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts geführt hat, findet man hierüber keine Informationen.